Barend Cornelis Koekkoek (Middelburg 1803-1862 Kleve)
Porträt der Schwester des Malers, Anna Koekkoek, 1846
(sogenannte “Mona Lisa“ von Kleve)
Öl auf Leinwand auf Holz, 84,4 x 68,2 cm
Signiert und datiert unten rechts: B.C. Koekkoek ft. / 1846
Leihgabe Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V. Inv. Nr. 0369
Erworben 1999 mithilfe der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland, der Sparkassenstiftung Kleve und Einzelspenden
Das Gemälde ist neben dem mutmaßlichen Bildnis seiner Mutter Anna van Koolwijk aus dem Jahr 1827 (ebenfalls in der Sammlung des B.C. Koekkoek-Hauses) das einzige bekannte in Öl gemalte Porträt des Meisters. Es zeigt eine junge sitzende Frau, vornehm in Witwentracht gekleidet in schwarzem Biedermeierkleid mit weißem Spitzenkragen und schwarzer Samtstola. Sie sitzt auf einem grünen Gartenstuhl vor einer Parklandschaft. In den Händen hält die junge Dame ein Buch, die Finger der rechten Hand markieren die Stelle, an der sie gerade gelesen hat. Eine rosafarbene Rose ist auf einem mit schwarzem Tischtuch bedeckten Tisch neben ihr abgelegt. Ein Rosenstock, von dem die Rose zu stammen scheint, ist links vor einer Gartenarchitektur zu sehen.
Das Jahr 1846 ist als Entstehungszeitraum angegeben. Bis vor kurzem war die die Identität der Dargestellten rätselhaft, daher trug das Bild den informellen Titel „Mona Lisa von Kleve“.
Im Zusammenhang mit diesem Porträt steht ein kleinformatiges Pastell, Jean Augustin Daiwaille zugeschrieben und ebenfalls in der Sammlung des B.C. Koekkoek-Haus. Dieselbe Person ist dargestellt, der landschaftliche Hintergrund ist vereinfacht und ersetzt durch einen Vorhang. Das Pastell diente entweder als Vorbild oder ist eine direkte Kopie.
Das Ölgemälde entstammt aus dem Besitz eines Zweiges der Koekkoek-Familie. Das für den Landschaftsmaler ungewöhnliche Thema sowie die Herkunft des Kunstwerkes machen es wahrscheinlich, dass es sich bei der Porträtierten um ein Mitglied der Familie Koekkoek handelt. Nahliegend ist eine der beiden Schwestern des Klever Landschaftsmalers: Anna Koekkoek (1811-1879).
Anna wird 1811 in Middelburg als Zwilling des früh verstorbenen Bruders Johannes Koekkoek geboren. Eine weitere mit Namen Alida (geb. 1814) stirbt schon als Säugling. 1817 wird die Schwester Maria geboren. Sie bleibt zeitlebens unverheiratet (gest. 1886).
Als Mädchen zieht Anna mit der Familie nach Amsterdam. Sie heiratet 1837 dort den Amsterdamer Käsehändler Jacob Meijer. 1838 stirbt ihr Ehemann bereits. Anna ist lange Witwe und muss für ihr Auskommen sorgen.
Als sie im Juni 1846 mit 34 Jahren Gerrit Barendse, den Spross eines Amsterdamer Bäckers, heiratet, gibt das Archiv den Beruf Näherin und Hutmacherin an. Als Erinnerung an ihren ersten Ehemann muss das Porträt entstanden sein. Es zeigt sie als junge Witwe mit schwarzem Kleid und schwarzer Stola, die Rose erinnert an den verstorbenen ersten Ehemann.
Das Schicksal verfolgt Anna: Sie überlebt ihren zweiten Ehemann Gerrit (gestorben 1873), den gemeinsamen Sohn Gerard Theodorus (1846-1877), die Tochter Anna Barendina (1848-1861) und den Sohn Johannes Hermanus (1850-1879), dessen Beruf ebenfalls als Maler angegeben ist. Anna selbst stirbt ebenfalls 1879.
Anna hat die Familie ihres Bruders in Kleve sicher oft besucht und konnte im Atelier „Modell sitzen“. Seit der Studienzeit an der Amsterdamer Kunstakademie bei den Porträt- und Historienmalern Jan Willem Pienemann und Jean Augustin Daiwaille hat Barend Cornelis Koekkoek keine offiziellen Porträtaufträge ausgeführt, sondern sich bewusst der Landschaftsmalerei zugewandt. Der Hintergrund dieses Gemäldes zeigt die Meisterschaft in seinem Fach. Informelle Porträts von Familienmitgliedern, die in der Familie verbleiben sollten, waren üblich und möglich. So gesehen ist das großformatige Gemälde ein Liebesbeweis des Bruders an seine Schwester, in Erinnerung an den früh verstorbenen Schwager.